Deine Mudda
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Zeit wurde es ja auch. Die Bundesregierung hat beschlossen, dass am 15. Juni den verdienten Veteranen unseres Landes gedacht werden soll (also mir, z.B.).
Da sich hier ja bestimmt viele Veteranen tummeln, können wir diesen Platz nutzen, um auf unsere Verdienste aufmerksam zu machen und Geschichten "von früher" am virtuellen Lagerfeuer zu lauschen. Vielleicht kann ja der ein oder andere junge Mensch dadurch bestärkt werden, sich seine eigenen Gedanken zu Bürgerpflichten und Kriegstreiberei zu machen.
Ich fang mal an: Veteran 1995/96 - Hochwaldjäger / Wachbataillon Siegburg.
„Wo ist dieser verfluchte Hallenwart“, brüllte die exerzierplatzgestählte Stimme vor der verschlossenen Tür.
Selbige hämmerte wie eine 7,62er durch meine Schläfen in den verbliebenen funktionierenden Teil meines Kleinhirns. Ich schlug die Augen auf. Ich war der verfluchte Hallenwart. Ich hatte die Aufgabe gestern vertretungsweise von einem Kameraden übernommen, der sich in den Heimaturlaub verabschiedet hatte. Ich lag auf der Erste-Hilfe-Liege im Sportleiterzimmer und war um kurz vor 12 immer noch sternhagelvoll.
Den gestrigen Tag hatten wir mit dem üblichen Wehrdienstleistenden-Abendprogramm ausklingen lassen: wir hatten gesoffen und gekifft.
„Ich bring den um, wenn ich den erwische.“ – die Stimme steigerte sich auf eine Lautstärke, die man auch im dichtesten Granathagel noch vernommen hätte.
Vorsichtig linste ich durch die Jalousie. Der RAL 3001 gefärbte Kopf vor dem Fenster verhieß nichts Gutes. Ich packte meine Uniformjacke und flüchtete durch den Notausgang, der sich auf der gegenüberliegenden Seite der Sporthalle befand.
Völlig durcheinander (das Gras war wirklich gut) und verängstigt (das Gras war doch nicht so gut) beschloss ich, erstmal zur Kantine zum Mittagessen zu gehen.
Eine Dreiviertelstunde später schlenderte ich (durch das versalzene Nahrungsimitat einigermaßen wiederhergestellt) zurück zur Halle.
Dort warteten bereits rund 50 Kameraden, feixend - in der Gewissheit, dass gleich jemand den Tag seiner Geburt bereuen würde. Daneben stand ein Vulkan. Ein Atompilz. Oder etwas ähnliches. Jedenfalls qualmte es dort. Und es war kein Freudenfeuer.
Die nächsten Minuten verbrachte ich im Gebrüll: warum ich jetzt erst käme (ich atmete auf - meine Flucht war unentdeckt geblieben), was mir einfiele, was meine Eltern falsch gemacht hätten, dass ich mich auf einiges gefasst machen könnte und ähnliche Freundlichkeiten. Der einseitige Dialog endete mit dem Befehl, mich zum weiteren Strafvollzug beim Bataillonskommandeur zu melden.
Dort stand ich also 142 Sekunden später in vorbildlicher Habacht-Stellung. Oberstleutnant Hartman war nicht ganz so cholerisch, wie die Haubitze vor der Halle, aber erklärte in recht scharfem Ton, dass die 2. Kompanie ihr Sportabzeichen ablegen sollte, dass dies bereits 4 Wochen angekündigt war und forderte eine Rechtfertigung, warum ich meiner Dienstpflicht (die letztlich im Aufschließen der Halle und Herausgabe der Startblöcke bestanden hätte) nicht nachgekommen wäre.
Ich versuchte – erfolgreich -, mir das Grinsen zu verkneifen:
„Herr Oberstleutnant, ich bin nur die Urlaubsvertretung, Herr Oberstleutnant. Kamerad Hasford hat wohl vergessen, das zu erwähnen, Herr Oberstleutnant“.
Auf dem Weg zurück zur Sporthalle ließ ich mir viel Zeit. Die wartenden Kameraden wirkten verwirrt, ob meiner guten Laune.
Der Tag endete, wie er begonnen hatte: zurück auf der Stube, mit einem Skatspiel und einer Kiste Bier. Vier Wochen später schied Kamerad Hasford aus und ich übernahm die Position des Hallenwarts bis zum Ende meiner Dienstzeit.
Die von Volker Rühe unterschriebene Urkunde, in der mir für meinen persönlich Einsatz für Volk und Vaterland gedankt wurde, liegt jetzt in irgendeiner Umzugskiste.
Da sich hier ja bestimmt viele Veteranen tummeln, können wir diesen Platz nutzen, um auf unsere Verdienste aufmerksam zu machen und Geschichten "von früher" am virtuellen Lagerfeuer zu lauschen. Vielleicht kann ja der ein oder andere junge Mensch dadurch bestärkt werden, sich seine eigenen Gedanken zu Bürgerpflichten und Kriegstreiberei zu machen.
Ich fang mal an: Veteran 1995/96 - Hochwaldjäger / Wachbataillon Siegburg.
„Wo ist dieser verfluchte Hallenwart“, brüllte die exerzierplatzgestählte Stimme vor der verschlossenen Tür.
Selbige hämmerte wie eine 7,62er durch meine Schläfen in den verbliebenen funktionierenden Teil meines Kleinhirns. Ich schlug die Augen auf. Ich war der verfluchte Hallenwart. Ich hatte die Aufgabe gestern vertretungsweise von einem Kameraden übernommen, der sich in den Heimaturlaub verabschiedet hatte. Ich lag auf der Erste-Hilfe-Liege im Sportleiterzimmer und war um kurz vor 12 immer noch sternhagelvoll.
Den gestrigen Tag hatten wir mit dem üblichen Wehrdienstleistenden-Abendprogramm ausklingen lassen: wir hatten gesoffen und gekifft.
„Ich bring den um, wenn ich den erwische.“ – die Stimme steigerte sich auf eine Lautstärke, die man auch im dichtesten Granathagel noch vernommen hätte.
Vorsichtig linste ich durch die Jalousie. Der RAL 3001 gefärbte Kopf vor dem Fenster verhieß nichts Gutes. Ich packte meine Uniformjacke und flüchtete durch den Notausgang, der sich auf der gegenüberliegenden Seite der Sporthalle befand.
Völlig durcheinander (das Gras war wirklich gut) und verängstigt (das Gras war doch nicht so gut) beschloss ich, erstmal zur Kantine zum Mittagessen zu gehen.
Eine Dreiviertelstunde später schlenderte ich (durch das versalzene Nahrungsimitat einigermaßen wiederhergestellt) zurück zur Halle.
Dort warteten bereits rund 50 Kameraden, feixend - in der Gewissheit, dass gleich jemand den Tag seiner Geburt bereuen würde. Daneben stand ein Vulkan. Ein Atompilz. Oder etwas ähnliches. Jedenfalls qualmte es dort. Und es war kein Freudenfeuer.
Die nächsten Minuten verbrachte ich im Gebrüll: warum ich jetzt erst käme (ich atmete auf - meine Flucht war unentdeckt geblieben), was mir einfiele, was meine Eltern falsch gemacht hätten, dass ich mich auf einiges gefasst machen könnte und ähnliche Freundlichkeiten. Der einseitige Dialog endete mit dem Befehl, mich zum weiteren Strafvollzug beim Bataillonskommandeur zu melden.
Dort stand ich also 142 Sekunden später in vorbildlicher Habacht-Stellung. Oberstleutnant Hartman war nicht ganz so cholerisch, wie die Haubitze vor der Halle, aber erklärte in recht scharfem Ton, dass die 2. Kompanie ihr Sportabzeichen ablegen sollte, dass dies bereits 4 Wochen angekündigt war und forderte eine Rechtfertigung, warum ich meiner Dienstpflicht (die letztlich im Aufschließen der Halle und Herausgabe der Startblöcke bestanden hätte) nicht nachgekommen wäre.
Ich versuchte – erfolgreich -, mir das Grinsen zu verkneifen:
„Herr Oberstleutnant, ich bin nur die Urlaubsvertretung, Herr Oberstleutnant. Kamerad Hasford hat wohl vergessen, das zu erwähnen, Herr Oberstleutnant“.
Auf dem Weg zurück zur Sporthalle ließ ich mir viel Zeit. Die wartenden Kameraden wirkten verwirrt, ob meiner guten Laune.
Der Tag endete, wie er begonnen hatte: zurück auf der Stube, mit einem Skatspiel und einer Kiste Bier. Vier Wochen später schied Kamerad Hasford aus und ich übernahm die Position des Hallenwarts bis zum Ende meiner Dienstzeit.
Die von Volker Rühe unterschriebene Urkunde, in der mir für meinen persönlich Einsatz für Volk und Vaterland gedankt wurde, liegt jetzt in irgendeiner Umzugskiste.